#fragCONDA: Kundenakquise und Kundenbindung durch Crowdinvesting?
Kampagnenexpertin Hannah Sturm plaudert aus dem Nähkästchen und erzählt uns, warum sich Startups und KMUs für eine Crowdinvesting-Kampagne entscheiden und wie man die Kampagne als Marketingtool vielseitig einsetzen kann.
Warum entscheiden sich Startups, eine Crowdinvesting-Kampagne durchzuführen? Steht die Erhöhung der Marketingreichweite oder der Finanzierungsbedarf im Vordergrund?
Crowdinvesting wird in erster Linie als Finanzierungstool wahrgenommen. Bei Startups ist die Kapitalbeschaffung Chefsache. Daher kontaktieren uns in diesem Fall meistens die Gründer selbst, wenn sie interessiert sind, eine Crowdinvesting-Kampagne auf CONDA zu starten. Das hat den Vorteil, dass die Gründer ein ganzheitliches Bild von ihrem Unternehmen haben und neben der Finanzierung auch den Marketingmehrwert erkennen.
Vor allem Unternehmen mit starkem B2C-Fokus nützen die Chance sich bei unseren 35.000 registrierten Usern vorzustellen und neben Investoren auch Neukunden zu gewinnen. Das burgenländische Startup 9Weine, ein Onlinestore für handverlesene und persönlich verkostete Weine, hatte sich zum Ziel gesetzt, möglichst viele neue Weinliebhaber zu erreichen und für sich zu begeistern. Aus diesem Grund haben sie kleinere Stückelungen der Investments durch die strategische Abstimmung ihrer Incentives bevorzugt. Denn ihnen war die Investorenanzahl wichtiger als das rasche Erreichen des Fundingziels.
Crowdinvesting wird auch bei kleinen und mittelständischen Unternehmen immer beliebter. Warum entscheiden diese sich für eine Kampagne?
Hier steht oftmals der Kampagneneffekt im Vordergrund, da die Marketingabteilung nach innovativen, neuen Kommunikationskanälen sucht und die langfristige Kundenbindung steigern will. Crowdinvesting trifft damit genau ins Schwarze. Zusätzlich bietet dieses Finanzierungsinstrument die Möglichkeit, durch die Mezzaninstellung des eingesammelten Kapitals die Kapitalstruktur zu stärken und auch sehr große Innovationsprojekte oder Investments in immaterielle Bereiche, z.B. den Ausbau des Vertriebs, umzusetzen. Eine Herausforderung kann in der mitunter mangelnden Kommunikationen zwischen Marketing- und Finanzabteilung liegen, da beide gleichermaßen wichtig für die Entscheidung sind, aber im Gegensatz zu Startups meist nicht in einer Persona liegen.
Wie setzen Unternehmen die Crowdinvesting-Kampagne als Marketingtool ein?
Mit dem Ziel, seine eigene Crowd (Kunden, Partner, Netzwerk) zu Multiplikatoren des Unternehmens zu machen, kann eine Vielzahl von neuen potentiellen Investoren und Neukunden erreicht werden. Das Besondere daran ist, dass die Personen nicht mit dem üblichen Call-to-Action „Kauf mich“ angesprochen werden, sondern dass sie sich auf eine ganz andere Art und Weise mit dem Unternehmen auseinandersetzen und eine emotionale Bindung aufbauen. Das Reichweitepotential ist dabei kaum von einer klassischen Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter und Co. zu unterscheiden. Auch die Presse liebt das Thema, wodurch sich die Präsenz in der Öffentlichkeit enorm erhöht.
Das Jeansunternehmen aus Wien, Gebrüder Stitch, hat die Bindung der Crowd besonders geschickt eingefädelt: Ab einem Investitionsbetrag von 100 EUR waren die Crowdinvestoren, zusätzlich zu der laufenden Verzinsung und einer Beteiligung am gesteigerten Unternehmenswert, Mitglied im „Hosenbund“ der Gebrüder Stitch, der viele Vorteile bietet. Investierte man 500 EUR, bekam man außerdem 7 Jahre lang 10 % auf seine Einkäufe bei Gebrüder Stitch. Somit wurde diese Maßnahme gekonnt als Kundenbindungsprogramm eingesetzt.
Viele Crowdinvestingprojekte unterschätzen anfänglich, was dieses emotionale und finanzielle Commitment für einen Mehrwert bringen kann. Schließlich haben die Crowdinvestoren ein beträchtliches Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Welche anderen Unternehmen können schon behaupten, 100 oder gar 500 Personen an Bord zu haben, die als Markenbotschafter und loyale Kunden auftreten und ihr Geschäft im positiven Sinne beeinflussen wollen?
Daher sollten auch nach Kampagnenende die Crowdinvestoren weiterhin laufend über den Geschäftsverlauf informiert werden. Man kann ihnen Information über Produktentwicklungen vorab geben und sie zu Testern machen oder Einladungen zu Events und spezielle Angebote zuzusenden. Ziel ist es, eine anregende Diskussionen im Sinne der Schwarmintelligenz über neue Produkte oder Designs zu fördern und ein offenes Ohr für konstruktives Feedback zu haben. Denn beim aktiven Austausch mit seinen Crowdinvestoren handelt es sich um einen Wettbewerbsvorteil, der nicht zu unterschätzen ist!
Christoph Wiedner
Ansprechender Artikel zu einem sehr interessanten Thema. Genial wie man Investoren auch gleich zu potentiellen Kunden machen kann. Gibt es eine Obergrenze für ein Investment und wer bestimmt dieses Limit?
Christoph Wiedner Februar 15, 2018
Hannah Sturm
Hallo Herr Wiedner,
freut mich, dass wir Ihnen ein paar spannende Inputs geben konnten! 🙂
Es gibt mehrere Gründe, Ober- und Untergrenzen für einzelne Investments festzulegen. Diese hängen sehr stark davon ab, welche Art von Investoren und Unternehmen eine Plattform miteinander verbinden möchte, was für ein Instrument dafür gewählt wurde und unter welchen gesetzlichen Rahmenbedingungen eine Finanzierung stattfindet.
Bei CONDA finden fast alle Fundings in Österreich im Rahmen des Alternativfinanzierungsgesetzes statt. Darin ist festgeschrieben, dass Privatinvestoren nur dann mehr als EUR 5.000 in ein Unternehmen investieren dürfen, wenn sie auch ausreichend Vermögen oder Einkommen dafür haben. Wir wickeln größere Investments deshalb abseits der Plattform mit handschriftlicher Erklärung auf einem Zeichnungsschein oder Angebotsschreiben ab. Man darf auch nicht vergessen, bei höherem Investment in ein Unternehmen, steigt meistens auch das Engagement der Investoren, das Unternehmen auf seinem Weg zu unterstützen.
Liebe Grüße,
Hannah Sturm
Hannah Sturm Februar 16, 2018